Als letzte Maßnahme gerechtfertigt?
Ist eine Kündigung wegen psychischer Erkrankung rechtens?
Eine Kündigung wegen psychischer Erkrankung ist für viele Arbeitnehmer ein belastendes Thema. Doch wie wahrscheinlich ist es, dass der Arbeitgeber aufgrund einer solchen Erkrankung wirklich kündigen kann? Burnout, Depressionen oder andere psychische Leiden sind heute keine Seltenheit mehr und können jeden treffen. Arbeitgeber stehen hierbei oft vor der Frage, wie sie mit solchen Situationen umgehen sollen.
Der rechtliche Rahmen ist hierbei jedoch klar abgesteckt: Eine Kündigung aus gesundheitlichen Gründen ist an hohe Hürden gebunden. Arbeitnehmer sollten sich über ihre Rechte und möglichen Schritte im Fall einer drohenden Kündigung gut informieren. In diesem Artikel erfährst du alles, was du zu den Voraussetzungen, Handlungsmöglichkeiten und wichtigen Details einer möglichen Kündigung aufgrund psychischer Erkrankung wissen musst. Dabei gehen wir auch auf die Frage ein, wie sich Arbeitnehmer gegen eine Kündigung wehren und möglicherweise sogar eine Abfindung sichern können.
Kündigung wegen psychischer Erkrankung: Was Arbeitnehmer wissen müssen
Bevor eine Kündigung ausgesprochen werden darf, gibt es hohe Hürden zu überwinden
Die Kündigung wegen psychischer Erkrankung ist in Deutschland an strenge rechtliche Rahmenbedingungen geknüpft. Grundsätzlich stellt eine Krankheit – unabhängig davon, ob sie physisch oder psychisch ist – keinen Kündigungsgrund dar. Allerdings kann eine Kündigung aus gesundheitlichen Gründen gerechtfertigt sein, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen:

Wann darf der Arbeitgeber genauer nachfragen?
Grundsätzlich müssen keine Angaben zur Krankheit gemacht werden
Grundsätzlich ist der Gesundheitszustand des Arbeitnehmers eine private Angelegenheit. Allerdings gibt es bestimmte Situationen, in denen der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran hat, genauer nachzufragen. Eine solche Situation entsteht, wenn die psychische Erkrankung des Mitarbeiters zu längeren oder häufigen Fehlzeiten führt. In diesen Fällen darf der Arbeitgeber fragen, ob die Erkrankung mit der Arbeitsleistung in Verbindung steht und wie lange die Abwesenheit voraussichtlich dauern wird. Aber: Der Arbeitgeber darf keine spezifischen Diagnosen einfordern, da dies dem Datenschutz unterliegt.
Der Arbeitgeber hat außerdem das Recht, im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) Maßnahmen zur Wiedereingliederung abzuklären. Das BEM hat zum Ziel, gemeinsam mit dem Arbeitnehmer Lösungen zu finden, um die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen und zukünftigen Fehlzeiten vorzubeugen. Hier kann der Arbeitgeber etwa nach Einschränkungen oder besonderen Bedürfnissen fragen, die für eine sinnvolle Wiedereingliederung relevant sind.
Der Arbeitnehmer hat jedoch auch Rechte: Er kann beispielsweise die Angaben zu seiner Erkrankung verweigern. Dennoch sollte man dabei berücksichtigen, dass eine fehlende Transparenz unter Umständen den weiteren Beschäftigungsprozess erschweren kann.
Welche Alternativen zur Kündigung gibt es?
Eine Abfindung kann in manchen Situationen das mittel der Wahl sein
Bevor eine Kündigung wegen psychischer Erkrankung ins Auge gefasst wird, sollten sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer mögliche Alternativen prüfen. Eine der wichtigsten Alternativen ist das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM). Hierbei wird gemeinsam erörtert, welche Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit sinnvoll sind, etwa eine schrittweise Wiedereingliederung, angepasste Arbeitsbedingungen oder der Einsatz von Hilfsmitteln am Arbeitsplatz. Ziel ist es, dem Arbeitnehmer eine Rückkehr an den Arbeitsplatz zu erleichtern und zukünftigen Fehlzeiten vorzubeugen.
Eine weitere Möglichkeit ist die Versetzung des Arbeitnehmers in eine andere Position innerhalb des Unternehmens. Dies ist besonders dann sinnvoll, wenn die bisherige Tätigkeit die psychische Belastung verursacht hat. Durch eine angepasste Tätigkeit kann der Arbeitnehmer häufig weiterhin im Unternehmen verbleiben.
Auch eine Arbeitszeitreduktion kann eine Alternative darstellen. Ein flexibles Arbeitszeitmodell oder Teilzeitarbeit kann den Arbeitnehmer entlasten und die Gefahr eines erneuten Burnouts reduzieren. Dabei sollten Arbeitgeber jedoch darauf achten, dass der Wechsel auf Teilzeit einvernehmlich erfolgt und im Sinne des Arbeitnehmerschutzes umgesetzt wird.
Schließlich kann auch ein Aufhebungsvertrag in Erwägung gezogen werden. Vorher sollte man sich jedoch gründlich informieren, da er auch zu Nachteilen führen kann, wie einer möglichen Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Arbeitnehmer sollten in diesem Fall unbedingt eine umfassende Beratung in Anspruch nehmen, um die Konsequenzen genau abzuwägen und gegebenenfalls eine Abfindung zu verhandeln. Dies kann ein Anwalt sein oder Ratgeber im Internet, wie beispielsweise unser Erfahrungsbericht im Mitgliederbereich.
Diese Alternativen sind häufig besser geeignet, um eine langfristige Lösung für beide Seiten zu finden, ohne auf eine Kündigung zurückzugreifen.
Wann droht die Sperre beim Arbeitsamt?
Betroffene Arbeitnehmer sollten sich vorher unbedingt ausführlich informieren!
Eine Sperre beim Arbeitsamt tritt häufig dann ein, wenn Arbeitnehmer durch ihr eigenes Verhalten zum Verlust des Arbeitsplatzes beigetragen haben, beispielsweise durch die Zustimmung zu einem Aufhebungsvertrag. Auch bei einer Eigenkündigung wird eine Sperrzeit verhängt, da das Arbeitsamt hier von einer “freiwilligen” Aufgabe des Jobs ausgeht. Bei einer Kündigung wegen psychischer Erkrankung ist es wichtig, die Situation mit einem ärztlichen Attest zu belegen, um zu verdeutlichen, dass die Kündigung aus gesundheitlichen Gründen erfolgte. In solchen Fällen kann die Sperrzeit unter Umständen vermieden werden.
Besonders im Falle eines Aufhebungsvertrags ist Vorsicht geboten: Das Arbeitsamt sieht diesen oftmals als freiwillige Beendigung des Arbeitsverhältnisses an, was in der Regel eine Sperrzeit von bis zu 12 Wochen nach sich ziehen kann. Um diese Sperre zu vermeiden, sollte sich der Arbeitnehmer vor der Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags ausführlich informieren (Infos gibt es z. B. in unserem Beitrag zum Thema Sperrzeiten) und alle relevanten Umstände dokumentieren.
Kündigung erhalten? Das musst du jetzt tun!
Wenn du richtig reagierst, könntest du der Zahlung einer Abfindung sehr nahe sein
Nach Erhalt einer Kündigung wegen psychischer Erkrankung ist schnelles und überlegtes Handeln gefragt. Innerhalb von drei Wochen nach Zustellung der Kündigung haben Arbeitnehmer die Möglichkeit, eine Kündigungsschutzklage einzureichen. Dies ist ein wichtiger Schritt, um die Rechtmäßigkeit der Kündigung durch das Arbeitsgericht überprüfen zu lassen. Zunächst solltest du jedoch deinen Arbeitsvertrag und mögliche betriebliche Vereinbarungen prüfen, um dich über deine Rechte und Optionen zu informieren. Informationen zum Streitwert einer Kündigungsschutzklage findest du hier.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM). Falls dir dieses nicht angeboten wurde, könnte das deine Verhandlungsposition in einer Kündigungsschutzklage stärken. Dokumentiere außerdem deine gesundheitliche Situation und hole dir ärztlichen Rat, um deine Arbeitsfähigkeit einschätzen zu können. Schließlich solltest du rechtlichen Beistand hinzuziehen, um deine Interessen bestmöglich zu vertreten und um potenzielle Verhandlungen, wie die Zahlung einer Abfindung, professionell zu führen.